CTH2665 – Dinge im Radio

Robin Hoffmann: Dinge im Radio – Elektroakustische Kompositionen


Die Veröffentlichung bündelt eine spezielle Werkgruppe im Schaffen des Künstlers: drei elektroakustische Kompositionen aus den letzten zehn Jahren, allesamt vom Hessischen Rundfunk in Auftrag gegeben und produziert.

Sie sind ein Beitrag zu einer für das Medium Radio spezifischen Klangkunst: »eigens für Lautsprecherwiedergaben produzierte Artefakte – Hörspiele, Hörstücke, Ars Acustica, elektroakustische Kompositionen«, wie Stefan Fricke (hr2-kultur, Redakteur für Neue Musik / Klangkunst) in seinem Booklet-Text zur CD erläutert.

Dabei legen Hoffmanns Arbeiten weniger einen Fokus auf die elektronischen Bearbeitungs- und Verfremdungsmöglichkeiten eines per Mikrofon aufgenommenen und gespeicherten Ausgangssignals, sondern vielmehr auf die radiophone Inszenierung besonderer »Ding-Materialien«.

Bei den in den zwei Hauptstücken der CD verwendeten Gerätschaften handelt es sich um umfangreiche Sammlungen von über lange Jahre improvisatorisch erprobten Kleinst-Instrumenten. In Schlundharfe widmet sich Hoffmann einem Set aus 25 chromatisch gestimmten Maultrommeln. Er extrahiert aus den im Hörspielstudio des Hessischen Rundfunks entstandenen Aufnahmen unzählige kurze Klang- schnipsel und setzt aus ihnen eine überdimensionierte Hyper-Maultrommel zusammen, die sich in Wolken aus beatmeten und gezupften Einzelimpulsen entlädt. Die überbordenden Klanggewitter erzählen von der körperlichen Anstrengung, die für die Klangerzeugung benötigt wurde und deutlich ihre Spuren in den kurzen akustischen Zeitausschnitten, den Samples, hinterlässt: Körper-Ding im Radio!

In Waidmanns Ruf und Widerhall kommen zahlreiche Vogelpfeifen und Wildlocker zum Einsatz. Die Instrumente, die sonst von Jägern auf der Lockjagd eingesetzt werden, sind ihrer angestammten Funktion enthoben und erobern musikalisch den Raum der elektronischen Klangübertragung, bevor sie im Verlauf des Stückes zu falschen Laut-Imitationen in einem künstlichen Natur-Trugbild herangezogen werden. Als weiteres Klangmaterial dienen Texte u. a. von Friedrich Maximilian Klinger und Ludwig Tieck sowie Passagen aus dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. (Stimmen: Birgitta Assheuer und Christoph Winkelmann), die gemeinsam mit den fauchenden, fiependen und quäkenden Klang-Konglomeraten das Verhältnis von Mensch und Tier, Ruf und Widerhall akustisch ausloten.

Maschinensingen, das Stück das zwischen die beiden längeren Kompositionen eingefügt ist, verwendet Feldaufnahmen aus Fulda, die im Rahmen einer Gemeinschaftskomposition mit Annesley Black für die hr2-Sendereihe Hessen hören entstanden. Hier kommt es zu Raum- überlagerungen, in denen die sonst so klar definierten Raumgrenzen verwischen. Werkstatt, Straße, Kirche, Baustelle – Innen- und Außenraum – fungieren als Elemente eines Gesamtklanges wie Register einer Stadtklang-Orgel. Im Verbund mit der Gemeinde beginnen die Objekte zu singen.