Virtuose Brillanz
Das Duo Dauenhauer-Kuen spielt Violinsonaten von
Ferruccio Busoni (1866-1924) und Hans Pfitzner (1869-1949)
Hans Pfitzner und Ferruccio Busoni waren fast gleich alt, beide waren sie Komponisten und Pianisten, und beide haben aus der deutschen Musiktradition ihre wesentlichen Gedanken, Ideen und ihre künstlerische Inspiration gewonnen – aber das war’s dann auch schon. Ansonsten könnten zwei Musiker unterschiedlicher nicht sein.
Busoni war ein Weltmann, der sechs Sprachen beherrschte, die Weltliteratur von Homer bis Rilke kannte und als Schriftsteller und Essayist fast ebenso brillant war wie als Pianist und Komponist. In Florenz geboren und in Triest aufgewachsen, war Busoni einer der ersten musikalischen Weltbürger und hat als solcher in Moskau, Helsinki, Boston und New York unterrichtet und in Berlin und Zürich gelebt. Als Mensch ironisch und souverän, war Busoni ein geistreicher Menschenkenner und ein wahrhaft humaner Künstler, der Musiker wie Arnold Schönberg und auch Hans Pfitzner, die seine Ideale nicht teilten, selbstlos und herzlich unterstützte.
Hans Pfitzner war das genaue Gegenteil von all dem: ein lebenslanger Grantler und Miesepeter, ewig unzufrieden und neidvoll, bis zum Zynismus sarkastisch, war er als Komponist stark auf die deutsche Romantik und ein imaginäres Mittelalter und als Musiker ausschließlich auf das eigene Weiterkommen fixiert. Als der in Berlin weilende Komponist und Dirigent Richard Strauss einmal gesagt bekam, Pfitzner hielte sich ebenfalls in Berlin auf, fragte Strauss zurück: „Worüber denn?“ Busonis programmatische Schrift „Ideen“, in der er für die Atonalität eine Lanze brach, bezeichnete Pfitzner in einer groben Replik als „Ästhetik der musikalischen Impotenz“.
Und doch verbinden diese beiden Antipoden, die sich übrigens persönlich kannten und gegenseitig respektierten, eine ganze Menge, z.B. die Tatsache, dass beide bei der Uraufführung der hier präsentierten Violinsonaten am Flügel saßen. Bei Busoni, der als einer der besten Pianisten seiner Zeit galt, ist das normal, bei Pfitzner überrascht es, dass er den äußerst virtuosen Klavierpart seiner einzigen Violinsonate konzertreif spielen konnte.
Beide Sonaten waren für ihre Schöpfer wichtige Werke. Busoni hat seine 1889 entstandene zweite Violinsonate als das erste Werk bezeichnet, mit dem er ideell seinen eigenen Weg als Komponist gefunden hätte. Pfitzner wiederum bedankte sich mit seiner einzigen, 1918 entstanden, Violinsonate für die Mitgliedschaft in der Königlich Schwedischen Akademie. Für Pfitzner war diese Ehrung der Auftakt für ein überaus erfolgreiches Jahrzehnt, in dem er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste wurde und in München eine Professur für Komposition erhielt.
Beide Kompositionen sind dreisätzig, aber Pfitzner bleibt mit seinem Werk viel stärker im Rahmen der traditionellen Sonate, während Busoni als dritten Satz eine Folge von Variationen über den Bach-Choral „Wie wohl ist mir, o Freund der Seelen, wenn ich in deiner Liebe ruh.“ schreibt.
Anna Sophie Dauenhauer und Lukas Maria Kuen lernten sich 2008 an der Musikhochschule München kennen und bilden seitdem ein Duo aus perfekter Zusammenarbeit, hochentwickeltem Klangsinn und leidenschaftlichem Temperament. Im Mai 2013 veröffentlichte THOROFON die Debüt CD CTH2600 „Extase“ der beiden Musiker, die seither von der Kritik begeistert aufgenommen wurde.
Bestellnummer: CTH2621