Beethovens Wege und Umwege – Die ungarische Pianistin Anna Adamik spürt der Entwicklung seiner Klaviermusik nach
Es mag eher die Ausnahme sein als die Regel, aber die Corona-Pandemie, die im Frühjahr 2020 als Geißel über die Menschheit hereinbrach, wurde in manchen Fällen auch Anlass zu außer-gewöhnlichen künstlerischen Leistungen. Die Pianistin Anna Adamik etwa begann, sich in dieser Situation intensiv mit Beethovens Klaviermusik auseinanderzusetzen und damit dem Virus mit einem Kreativschub zu begegnen. Während des Lockdowns, der für sie acht Wochen Quarantäne in totaler häuslicher Zurückgezogenheit bedeutete, erfüllte sie sich einen schon lange gehegten Wunsch und befasste sich intensiv vor allem mit Beethovens vorletzter Klaviersonate in As-Dur Op.110. Das war etwas, wozu sie im persönlichen und beruflichen „Normalbetrieb“ weder die notwendige Zeit noch die erforderliche Ruhe gehabt hätte.
„In diesem Werk geht es um Krankheit, deren Überwindung und – Genesung!“ formuliert die Künstlerin ihren persönlichen Zugang. „Mit Blick auf Beethovens Lebenssituation, der damals 51 war, wirken alle musikalischen Entwicklungen ab der Fuge wie die Darstellung dessen, was er in dieser Zeit erleiden musste: schwere Krankheit und schließlich der Ausweg durch die Kraft des Geistes. Diese späte Sonate endet im Licht und hat mich durch die Corona-Zeit getragen.“
Nicht zuletzt diese Apotheose war es, die Anna Adamik bewog, dieses Stück an den Schluss ihres Programms zu stellen. Zuvor möchte sie an zwei markanten Beispielen Wege und Umwege des eigenwilligen Giganten dorthin aufzeigen, seine Entwicklung zu einer Großartigkeit und Eigen-ständigkeit von Form und Aussage der Klaviermusik, wie sie in der Musikgeschichte wohl einzigartig ist. Aus seinen zahlreichen Variationen-Werken wählte sie die frühen um das Thema „Waldmädchen“ von 1796 als Wiederentdeckung, die sich lohnt. Die „Sturm“-Sonate aus der mittleren Schaffens-periode seiner 32 Klaviersonaten markiert im Besonderen den widersprüchlichen Charakter und die Wende zu einer Phase des intensiven musikalischen Experimentierens.
Die Pianistin Anna Adamik wurde in Budapest/Ungarn geboren und studierte an der Musik-hochschule „Franz Liszt“ ihrer Heimatstadt bei Annamária Bodoky-Krause und Tamàs Fülep sowie an der Musikuniversität Wien bei Paul Badura-Skoda, wo sie mit einem Konzertdiplom abschloss. Weitere künstlerische Impulse erhielt sie von Malcolm Bilson, Ian Fountain, Vitaly Margulis und Dimitri Baschkirov. Adamik lebt heute in Feldkirch/Vorarlberg, wo sie seit 1997 eine international erfolgreiche Klavierklasse leitet und von dort aus als gefragte Klaviersolistin und Kammermusikerin eine intensive Konzert- und Aufnahmetätigkeit im In- und Ausland pflegt, die auch zahlreiche Uraufführungen einschließt.
Weitere CDs mit Anna Adamik:
BM319194 SCHUBERT – Flöte und Klavier – Krisztina Parkai/Anna Adamik
BM319228 SERESTA – Martin Merker/Anna Adamik